Das Sommersemester 2020 ist durch die COVID-19 Pandemie als digitales Semester in die Geschichte eingegangen. Studierende und Lehrende werden auch im hybriden Wintersemester 2020/21 auf die Verfügbarkeit von digitalen Tools und den kompetenten Umgang damit angewiesen sein, um am universitären Alltag teilhaben zu können.

Die Rolle digitaler Methoden und Tools in den Sprachwissenschaften

Unabhängig von den Einschränkungen einer Pandemie sind digitale Methoden und Tools in allen wissenschaftlichen Arbeitsprozessen unerlässlich, denn sie erleichtern oder ermöglichen gar das Arbeiten nach modernen wissenschaftlichen Standards. Ein digitales Tool ist Software, die als Instrument zum Arbeiten zur Verfügung steht (z. B. Desktop-Programme und Webanwendungen), etwa, um bestimmte Methoden anzuwenden (digitale Methoden). Dazu zählen wir auch Statistikkenntnisse und den Umgang mit statistischen Programmpaketen. In den Sprachwissenschaften spielen digitale Methoden und Tools z. B. bei der Arbeit mit Korpora eine wichtige Rolle und sind u. a. für die statistische Analyse linguistischer Daten sowie das Forschungsdatenmanagement unabdingbar. Darüber hinaus führt der Einsatz von computergestützten Methoden zu einem veränderten Umgang mit traditionellen Quellen und Forschungsgegenständen. Zum Beispiel können riesige Textmengen relativ ressourcenarm automatisch analysiert und ausgewertet werden.

Lücken in den Lehrplänen

Angesichts der Relevanz digitaler Methoden und Tools in allen sprachwissenschaftlichen Disziplinen sollte die Vermittlung grundlegender Kenntnisse und Kompetenzen strukturell im Grundstudium verankert sein. Dies ist jedoch noch nicht überall der Fall. Lehrpläne und Lernangebote weisen diesbezüglich Lücken auf: Im Bachelorstudium “Linguistik und Phonetik” an der Universität zu Köln gibt es zum Beispiel kein Modul, das als Ziel die Vermittlung von (digitalen) Forschungsmethoden und grundlegenden Programmkenntnissen festschreibt (vgl. Modulhandbuch des Studiengangs). Die Vermittlung in einzelnen Seminaren ist nicht ausreichend, da die Zeit oft viel zu kurz ist und das Veranstaltungsangebot jedes Semester variiert. Strukturelle Lücken in der Lehre werden an manchen Hochschulstandorten bereits durch studentisch organisierte Tutorien kompensiert (zum Beispiel im Tutorium der Fachschaft Linguistik in Köln). Andernorts fehlen solche Angebote.

Was tun? Aufruf zur studentischen Initiative

Studentisch organisierte Angebote können eine in das Studienprogramm integrierte systematische Vermittlung moderner Forschungsmethoden natürlich auf Dauer nicht ersetzen. Jedoch könnten studentische Tutorials, Workshops oder sonstige Angebote eine sinnvolle Lösung sein, um die Lücken in den Lehrplänen zu überbrücken. Ganz nebenbei können dabei auch wertvolle praktische Erfahrungen gesammelt und Kontakte geknüpft werden. Außerdem bietet sich mit jedem Workshop die Möglichkeit weitere Menschen zu finden, die ihrerseits ihr Wissen weitergeben möchten – am besten unterstützt durch frei verfügbar und modifizierbares Material (Workshopmaterial im Sinne von Open Access, das allen zur Verfügung steht).

Als Verein Junge Sprachwissenschaft e. V. setzen wir uns für studentische Initiativen ein, die studentische Expertise und Ressourcen nutzbar machen. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit Studierenden aus dem deutschsprachigen Raum ein Netzwerk aufzubauen, das Gleichgesinnte bei der Durchführung von Workshops und Tutorials zum Umgang mit digitalen Methoden und Tools unterstützt.

Um mehr über den aktuellen Kenntnisstand unter Studierenden zu erfahren und Interessen abzufragen, haben wir eine Umfrage zu digitalen methoden und Tools im Studium durchgeführt, die zeigt, dass eine grundlegende Bereitschaft für die Beteiligung oder Teilnahme an studentisch organisierten Lernangeboten besteht.

Übrigens: Der Verein (bereits als Online-Verein beschrieben) bietet neben der Begleitung von studentischen Veranstaltungen verschiedener Größenordnungen eine umfassende technische Infrastruktur an (Online-Workspace, Video-Chat-Tools) für studentische Tagungen und viele andere digitale Formate. Ergänzende Informationen zur Unterstützung von Veranstaltungen durch den Verein gibt es außerdem auf der Vereins-Website. Wer Angebote sucht, selbst einen Workshop vorschlagen oder planen möchte oder aber jemanden dabei unterstützen will, ist eingeladen, sich per E-Mail oder via Social Media beim Verein Junge Sprachwissenschaft e. V. zu melden.