Im Sommer 2023 habe ich dank des Seed Grants des Vereins Junge Sprachwissenschaft e.V. meine allererste wissenschaftliche Konferenz besucht: Die ICPhS ( 20th International Congress of Phonetic Sciences), die 2023 in Prag stattfand.

Da ich mich in meinem Linguistik-Studium besonders mit phonetischen und phonologischen Fragestellungen beschäftige, hatte ich großes Interesse an der Konferenz teilzunehmen. Über die Uni habe ich versucht eine Förderung für die Teilnahmegebühr und die Reisekosten zu erhalten. Leider hat dies nicht funktioniert. Glücklicherweise habe ich von einer Kommilitonin von dem Verein Junge Sprachwissenschaft e.V. gehört und dass sie interessierte Studierende für die Teilnahme an Summer Schools oder Konferenzen finanziell unterstützen. Ich habe mich für den sog. ‚Seed Grant‘ beworben und es hat geklappt!

Die fünf Konferenztage (07.-11.08.2023) vergingen wie im Flug. Sie waren geprägt von vielen interessanten Präsentationen und persönlichen Unterhaltungen im Rahmen der Konferenz sowie einigen kulturellen Eindrücken vom Prager Stadtleben.

Die Konferenz „International Congress of Phonetic Sciences” (ICPhS) findet alle vier Jahr statt und wird jeweils von einem anderen Organisationskomitee ausgerichtet. Thematisch sind die Präsentationen und vorgestellten Poster im Bereich der Phonetik angesiedelt. Es gibt beispielsweise Beiträge zur Sprachperzeption, zur Sprachproduktion, zur forensischen Phonetik und zur Soziophonetik. Jedes Jahr verzeichnet die Konferenz ca. 800-1000 Teilnehmende aus aller Welt; es ist also eine sehr große Konferenz mit einem kulturell sehr durchmischten Publikum. Besonders eindrucksvoll fand ich, dass für die Konferenzteilnehmenden eine spezielle App entwickelt wurde: Diese enthielt viele nützliche Informationen, beispielsweise zum zeitlichen Ablauf, zum Lageplan des Kongresszentrums, in dem die Konferenz stattfand (Abbildung 1) und zu den einzelnen Sprecher*innen. Darüber hinaus bot sie diverse hilfreiche Tipps für den Aufenthalt in Prag, wie z.B. ein kleines Lexikon für Tschechisch und Informationen zum Prager ÖPNV.


Abb. 1 Kongresszentrum in Prag.


Zum Auftakt der Konferenz gab es eine informative sowie unterhaltsame Eröffnungszeremonie. Neben der offiziellen Einführung in die Konferenz beinhaltete diese auch einen kulturellen Programmpunkt, bei dem eine tschechische Künstlerin lokale Volkslieder mit einem Hackbrett und Gesang präsentierte. Im Anschluss ging es mit dem wissenschaftlichen Programm los.

Der Ablauf war an allen fünf Konferenztagen in etwa gleich: Der Tag startete jeweils um 9 Uhr. Begonnen wurde mit Präsentationen zu den unterschiedlichen Unterthemen. Zum besseren Überblick waren die Präsentationen thematisch in Blöcke unterteilt. Jeder Präsentations-Block beinhaltete vier bis fünf Präsentationen, die jeweils ca. 20 Minuten, inklusive einer anschließenden Fragerunde, umfassten. Als Teilnehmer*in hatte man die Möglichkeit, nach jedem Präsentationsblock oder auch innerhalb eines Blocks die Räumlichkeiten und somit auch den thematischen Schwerpunkt der Präsentationen zu wechseln. Am Anfang fanden meine Kommilitonin und ich dieses Hin-und Herwechseln etwas verwirrend. Aber schon am Ende des ersten Tages hatten wir Übung darin und waren begeistert, dass wir dadurch die Möglichkeit hatten, genau zu den Präsentationen zu gehen, die uns am meisten interessierten. Gegen 10:30 Uhr gab es eine kurze Kaffeepause. Danach ging es mit einem weiteren Präsentationsblock oder einem einstündigen Keynote-Vortrag weiter. Gegen 12 Uhr fand eine Mittagspause statt, in der man die Gelegenheit hatte, sich mit anderen Teilnehmenden auszutauschen. Ab 14:40 Uhr fanden Poster-Präsentationen statt. Auch diese waren so organisiert, dass mehrere Poster parallel in unterschiedlichen Räumen präsentiert wurden. Die Poster-Präsentationen fand ich insofern sehr bereichernd, dass sie mir die Möglichkeit boten, in einem lockeren Rahmen direkt mit einzelnen Wissenschaftler*innen in Kontakt zu treten und ihnen in einer etwas persönlicheren Atmosphäre Fragen zu ihrer Forschung und zu ihrem individuellen Werdegang zu stellen. Der Nachmittag wurde durch eine zweite Kaffeepause unterbrochen. Abschließend gab es einen weiteren Präsentationsblock oder eine weitere Poster-Session. Offizielle endete die Konferenz zwischen 16 und 18 Uhr.

Obwohl ich an jedem einzelnen Konferenztag viele neue Eindrücke gewinnen konnte, sind mir zwei Ereignisse besonders in Erinnerung geblieben: Kurz vor der Konferenz hatte ich eine Hausarbeit zu dem Thema „Adaption von englischbasierten Lehnwörtern im Deutschen“ geschrieben und eine der Autorinnen, die ich in dieser Arbeit zitiert hatte, stellte bei der Konferenz ein Poster vor. Ich traute mich, sie nach ihrer Poster-Präsentation anzusprechen und konnte mich mit ihr über meine Hausarbeit und über ihre Forschung austauschen. Dieses Erlebnis fand ich sehr bereichernd. Zudem fühlte es sich für mich ganz besonders an, jemanden, den ich in meiner eigenen Arbeit zitiert hatte, persönlich zu treffen. Das zweite prägende Ereignis war eine Präsentation von einem der Keynote-Vortragenden. Thematisch ging es um die Forschung an Seehundbabys und inwiefern sie Sprache und Rhythmus wahrnehmen und erlernen (Abbildung 2). Zum einen fand ich den Präsentierenden sehr inspirierend, da er einen sehr gut verständlichen Talk gab und das Publikum auf eine ansprechende Art in seinen Talk involvierte. Zum anderen fand ich es sehr interessant zu hören und zu sehen, wie vielfältig linguistische Forschung ist und dass man auch im Bereich der Tierforschung linguistische Fragestellungen anwenden kann.


Abb. 2 Keynote-Vortrag zur Rhythmus-und Sprachwahrnehmung bei Seehundbabys.


An einem der Nachmittage haben meine Kommilitonin und ich uns entschlossen an einer Stadtführung teilzunehmen, um neben dem wissenschaftlichen Input auch etwas von der Stadt und der tschechischen Kultur mitnehmen zu können. Wir haben an einer sogenannten „free-walking-tour“ teilgenommen, bei der wir eine dreistündige Tour durch die Prager Innenstadt, vorbei an einigen Sehenswürdigkeiten, gemacht haben (Abbildung 4 und 5). Besonders beeindruckend fand ich die Prager Karlsbrücke und das Prager Schloss, von dessen Umgebung man einen tollen Panoramablick über die Stadt hat.


Abb. 3 Panoramaausblick über Prag.



Abb. 4 Die Prager Karlsbrücke.


Insgesamt blicke ich auf diese Reise mit viel Freude zurück. Ich habe viele neue Eindrücke gewonnen und dadurch meinen linguistischen sowie persönlichen Horizont sehr erweitert. Hinsichtlich der Konferenz war ich überwältigt von der Fülle an Themen, die vorgestellt wurden, von der guten Organisation der Konferenz und von dem Gefühl, Teil der linguistischen Wissenschaftsgemeinde zu sein. Besonders schön fand ich es, dass sich auf der Konferenz alle auf Augenhöhe begegneten und man sich auf sehr unkomplizierte Art fachlich oder persönlich austauschen konnte, egal auf welcher Karrierestufe man sich zu dem Zeitpunkt befand. Die positiven Erlebnisse von der lockeren Atmosphäre auf der Konferenz haben mich in dem Gedanken bestärkt, in näherer Zukunft vielleicht einmal selbst auf einer derartigen Konferenz ein Poster oder einen Talk zu präsentieren. Da es meine erste Reise nach Prag bzw. Tschechien war, fand ich es darüber hinaus sehr bereichernd etwas über die Stadt Prag und die tschechische Lebensweise zu erfahren.

Abschließend möchte ich mich nochmal herzlich für die finanzielle Unterstützung durch den Seed Grant bedanken, durch dessen Zuschuss ich diese eindrucksvollen Erfahrungen sammeln konnte!