Im Sommersemester 2022 habe ich im Rahmen meiner Bachelorarbeit an der Uni Oldenburg im Fach Niederlandistik ein eigenes kleines Forschungsprojekt zum Erwerb des deutschen Pluralsystems aus der Perspektive von niederländischen L2-Sprecher*innen des Deutschen durchgeführt. Ziel war es, mithilfe einer Eyetracking-Studie die Schwierigkeiten beim L2-Erwerb des deutschen Pluralsystems zu identifizieren. Außerdem ging es darum, zu verstehen, inwiefern das phonologische System der L1 den Erwerb der L2 beeinflusst.

Für diese Untersuchung habe ich insgesamt 17 Niederländer*innen in Groningen (NL) getestet. Um genügend Proband*innen für eine 30-35 minütige Eyetracking-Studie zu rekrutieren, habe ich eine Vergütung von 6€ pro Person geplant, die ich ursprünglich selbst zahlen wollte. Auf Twitter erfuhr ich dann aber, dass der Verein Junge Sprachwissenschaft e.V. Seed Grants zur Förderung von studentischen Forschungsprojekten ausgeschrieben hatte. Ich bewarb mich also auf einen der Seed Grants und erhielt wenig später eine Zusage. So konnte ich also schon im Studienaufruf ankündigen, dass die Studienteilnahme vergütet werden würde, wodurch ich schneller bzw. überhaupt die geplante Zahl von Proband*innen rekrutieren konnte.

Natürlich bringen solche Rekrutierungsverfahren aber auch immer Probleme wie z.B. den Self-selection bias mit sich: wenn Personen selbst entscheiden, ob sie an einer Studie teilnehmen und damit zur Stichprobe gehören, ist diese Stichprobe weniger repräsentativ als eine zufällig bzw. systematisch ausgewählte Stichprobe.

Darüber hinaus lässt sich diskutieren, wie eine Vergütung von Studienteilnahmen aus ethischer Perspektive zu betrachten ist. Eine Vergütung sollte natürlich nicht der einzige Grund sein, warum jemand an einer Studie teilnimmt, sondern es sollte auch ein persönliches Interesse vorhanden sein.

Ich habe mich dazu entschieden, einen kleinen Betrag zu zahlen, um den monetären Anreiz nicht zu sehr in den Vordergrund zu rücken, aber dennoch eine Aufwandsentschädigung zu bieten.

Neben dieser finanziellen Unterstützung habe ich während meines BA-Projektes noch ein paar weitere Dinge gelernt, die beim Finden von geeigneten Proband*innen helfen können und die ich in diesem Blogpost teilen möchte.

Zum einen kann es sinnvoll sein, den Studienaufruf auf der eigenen Uni-Plattform (als Anzeige auf digitalen Plattformen z.B.) zu teilen oder ihn über verschiedene Mailinglisten zu verschicken. Außerdem gibt es die Möglichkeit, den Studienaufruf als Flyer (inklusive eines QR-Codes) in der Uni zu verteilen bzw. an bestimmten Aushänge-Tafeln anzubringen. Darüber hinaus kann es z.B. bei Studien, die sich (wie meine Studie) an L2-Lerner*innen richten, nützlich sein, die Dozent*innen aus den entsprechenden Sprachkursen zu kontaktieren oder z.B. beim International Office Auskunft über eventuelle Sprachaustauschtreffen zu erhalten. Neben diesen universitätsinternen Möglichkeiten bietet es sich auch an, den Studienaufruf über Social Media zu teilen (Twitter, Instagram, Facebook, etc.).

Diese Möglichkeiten sind allerdings alle relativ unpersönlich. Viel hilfreicher erschien es mir, direkt mit potenziellen Proband*innen Kontakt aufzunehmen, da die Personen sich so persönlicher angesprochen fühlen und eher geneigt sind, teilzunehmen. Dies habe ich über verschiedene Wege getan: Erstens habe ich in meinem eigenen Freundes- und Bekanntenkreis die Personen, die die Kriterien erfüllen, direkt angesprochen.

Um neue, passende Proband*innen zu finden, kann es hilfreich sein, in der Cafeteria (des Fachbereichs) bzw. auf dem Campus mal spontan ein paar Studierende direkt anzusprechen und sie zu fragen, ob sie Interesse haben, mitzumachen. Eine weitere hilfreiche Ressource ist die Plattform LinkedIn: Da viele LinkedIn-Nutzer*innen angeben, wo sie studieren/arbeiten und welche Sprachen sie auf welchem Niveau sprechen, konnte ich hier sehr zielgerichtet nach Personen suchen, die in Groningen studieren und auf einem mittleren Sprachniveau Deutsch sprechen. Diese Personen konnte ich dann direkt anschreiben. Außerdem habe ich die Proband*innen, die teilgenommen hatten, gefragt, ob sie vielleicht ein oder zwei Freund*innen haben, die auch Interesse hätten, an der Studie mitzuwirken.

Zusammengefasst kann ich also berichten, dass die Kombination aus der persönlichen Kontaktaufnahme und der vorgesehenen Vergütung sehr hilfreich ist, um in kurzer Zeit (6-8 Wochen) genügend Proband*innen zu finden und damit ein eigenes Forschungsprojekt umzusetzen.